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KitzRace

Ein Zuhause am Gipfel

Direkt neben dem Starthaus auf der Streif wird jedes Jahr die Red Bull Energy Station aufgebaut, um den Athleten und anderen Mitwirkenden am Hahnenkamm-Wochenende die bestmöglichen Bedingungen zur Vorbereitung zu bieten.

Wer sich fragt, wo genau die Skirennfahrer die Zeit vor dem Rennen verbringen: In Kitzbühel findet man sie sehr wahrscheinlich in der Red Bull Energy Station direkt neben dem legendären Starthaus. In dem Doppelstockzelt, das in unterschiedlichen Ausführungen seit mehr als zehn Jahren fixer Bestandteil der Hahnenkamm-Infrastruktur ist, können sie sich in Ruhe auf das Rennen vorbereiten – sei es mit einer Session mit dem Physiotrainer, einer kurzen Runde am Rad oder einer kleinen Stärkung zwischendurch. Die Energy Station ist quasi ein temporäres Zuhause für die Athleten, wo sie alles finden, das für die Vorbereitung auf das vielleicht herausfordernste Abfahrtsrennen der Welt notwendig ist. Man trifft dort aber auch andere am Rennen Beteiligte, von den Betreuern der Sportler bis hin zum Kitzbüheler Ski Club und den Mitarbeitern, die rund um die Uhr sicherstellen, dass die Piste und alles rundherum in einem Topzustand ist.

Gemeinsamer Stützpunkt
Das sei auch genau der Zweck des Gebäudes, erklärt Markus Stöckl, der für die Energy Station in Kitzbühel verantwortlich ist und alles von Auf- und Abbau bis hin zum laufenden Betrieb am Rennwochenende koordiniert. „Die Athleten hätten sonst keinen eigenen Ort, wo sie sich vor und zwischen den Einsätzen vernünftig aufwärmen und vorbereiten können“, erzählt er. Bei vielen anderen Weltcup-Rennen sei es den Trainern und Betreuern überlassen, einen geeigneten Platz zu suchen, teilweise im Freien oder in kleinen Zelten. „In Kitzbühel hat Red Bull als einer der Sponsoren der Rennen entschieden, dass man Support für die Leute, die das Rennen tatsächlich stattfinden lassen – die ganzen Athleten, Betreuer, Kitzbüheler Ski Club –, bereitstellen und da etwas Spezielles machen will. So ist das damals entstanden.“

Angefangen hat man mit einer relativ einfachen Zeltstruktur, inzwischen ist die Energy Station ein massives, isoliertes und beheiztes Doppelstockzelt mit einer Aluminium-Fachwerkkonstruktion als Basis. Dort gibt es einen eigenen Aufwärm- und Physiobereich mit bereitgestellten Geräten wie Rädern, Faszienrollen und Massagepistolen, damit sich jeder sein individuelles Vorbereitungsprogramm zusammenstellen kann, sowie eine Hospitality-Area, in der alles vom schnellen Frühstücksespresso bis zu athletengerechten Mahlzeiten serviert wird. „Man will den Sportlern die Zeit so angenehm wie möglich machen“, fasst Stöckl zusammen.

Die Red Bull Energy Station wird schon im Herbst mit Lkws und Kran aufgebaut.

„Man will den Sportlern die Zeit so angenehm wie möglich machen.“

Markus Stöckl

Tag und Nacht
Die Sportler nutzen das Angebot sehr gerne – entsprechend voll könne es am Rennwochenende dann auch werden, wenn alle Athleten vor Ort sind. In ruhigeren Zeiten seien auch die Betreuer oft dabei, genau uso wie der Ski Club, der sich gerne einen Kaffee gönne, bevor es auf die Strecke geht. Auch nachts herrscht in der Energy Station keine Ruhe, sagt Stöckl: „Wir machen auch die Verpflegung für Nachteinsätze, wenn der Ski Club oder das Bundesheer sich um die Strecke kümmern. Da versorgen wir sie mit Getränken und warmer Suppe.“ 

Die Energy Station sei über das ganze Wochenende das Zuhause für alle, die am Rennen mitwirken. Unten im Ort gebe es in der Wirtschaftskammer einen weiteren Stützpunkt für alle, aber eine Basis am Berg sei oft sinnvoller: „Gerade wenn Nachteinsätze sind, sind die Rutschkommandos oft am Berg oben stationiert. Wenn der Funkspruch vom Streckenchef oder Pistenbeauftragten kommt, dass er zehn Leute mit Schaufeln auf der Mausefalle oder am Steilhang braucht, ist es besser, wenn die Leute oben stationiert sind und nicht erst den Berg rauf müssen.“ Das werde sehr geschätzt und gern genutzt, weshalb Stöckl und sein Team auch jegliche Unterstützung des Ski Clubs und der Bergbahnen bekämen. „Wenn wir mal nicht das richtige Werkzeug dabeihaben oder etwas anderes brauchen, können wir immer um Hilfe bitten. Es sind alle sehr hilfsbereit, über die Jahre hat sich da ein sehr gutes Miteinander aufgebaut“, betont er.

Großer Aufwand
Aufgebaut wird die Energy Station übrigens immer schon im Herbst. „Wir haben das Glück, dass die Struktur im Sommer sehr viel im Einsatz ist, im Winter aber kaum, deshalb können wir sie noch im Herbst mit Lkws auf den Berg bringen und mit einem Kran aufbauen“, erzählt Stöckl. Das dauere mit einem Team von knapp 15 Personen in Summe rund eine Woche.

Wesentlich herausfordernder sei der Abbau: „Da bleibt uns leider nichts anderes über, als die Teile mit dem Hubschrauber runterzufliegen.“ Das sei der größte Aufwand und immer spannend, weil vieles vom Wetter abhänge. „Wenn der Hubschrauber immer fliegen kann, wenn wir ihn brauchen, schaffen wir es in vier, fünf Tagen. Wenn das Wetter nicht mitspielt, wird es richtig kompliziert“, so Stöckl. Der Bergbahn zuliebe versuche man, so schnell wie möglich wieder weg zu sein, und bisher habe man es tatsächlich immer geschafft, dass spätestens am Samstag nach den Rennen keine Spur mehr von der Energy Station am Berg zu finden sei. Abgebaut werden muss dabei aber nicht nur die große Konstruktion neben dem Starthaus, sondern auch die vielen kleineren Stationen, die sich entlang der Strecke befinden und ebenfalls von Stöckl betreut werden.

Markus Stöckl

Der gelernte Koch und ehemalige Mountainbike-Profi hat bereits in seiner aktiven Rennzeit begonnen, nebenher Events wie das Air & Style für seinen damaligen Sponsor Red Bull zu betreuen. Nach seiner aktiven Karriere legte er den Fokus auf mobile Bauten wie die Energy Station, mit denen er nicht nur bei den Hahnenkamm-Rennen, sondern unter anderem auch bei Olympischen Spielen und MotoGP-Rennen vor Ort ist.

Der Hauptaufwand passiere also vor und nach den Rennen. Aber auch während des Hahnenkamm-Wochenendes sei immer eine Gruppe von rund zehn Personen am Berg vor Ort, um sicherzustellen, dass alles funktioniert – und auch, um ein Auge auf die Trainer zu werfen. „Wir haben bei jeder Station entlang der Strecke Leute, die schauen, dass die Trainer nicht zu risikofreudig Leitern auf den Gerüsten aufstellen, um das Rennen zu beobachten“, erklärt Stöckl. Bei vielen anderen Veranstaltungen sitzen die Trainer in den Bäumen neben der Strecke, um einen guten Blick zu haben und filmen zu können, aber in Kitzbühel wurden für mehr Sicherheit eigene Tribünen für die Trainer gebaut. „Und dann stellen sie verbotenerweise immer noch ihre Leitern auf.“ Deshalb sei immer jemand vor Ort, der schaue, dass alles rundläuft, und bei Zwischenfällen wie Signal- oder Stromausfällen sofort reagieren könne. 

Unberechenbar 
Und Zwischenfälle gebe es immer wieder, besonders bei einem Outdoorevent. „Wir hatten zweimal einen Föhnsturm mit 160 km/h, was die Wände nicht ausgehalten haben“, erinnert sich der Infrastrukturprofi. Glücklicherweise sei das in der Nacht passiert, als niemand am Berg war, aber es musste im Jänner kurzfristig noch mal alles neu produziert werden. Auch Stromausfälle oder starke Schneefälle seien immer wieder eine Herausforderung, und wenn der Hubschrauber nicht fliegen kann, komme es auch vor, dass ein 400 Kilogramm schweres Bauteil von Hand irgendwo hingetragen werden müsse.

Die vielen schönen Erlebnisse würden das aber alles wettmachen, sagt Stöckl. „Es passieren immer wieder tolle Sachen, aber besonders cool ist es, zu sehen, wie gut und gern die Athleten und die Betreuer die Energy Station annehmen. Wir machen das ja nicht nur wegen des Geldes, sondern weil wir etwas Cooles auf die Beine stellen wollen – zu sehen, dass das funktioniert, ist immer ein Highlight.“

„Wir machen das ja nicht nur wegen des Geldes, sondern weil wir etwas Cooles auf die Beine stellen wollen – zu sehen, dass das funktioniert, ist immer ein Highlight.“

Markus Stöckl

Red Bull Energy Station: Doppelstockzelt mit Aluminiumrahmen | Grundfläche: 15 x 15 m | Höhe: ca. 12 m | Gewicht: 57 t | Schwerste händisch verbaute Teile: 120 kg | Schwerste mit Kran verbaute Teile: 400 kg | Raumklima: isolierter und beheizter Unterbau | Wände: Aluminium-konstruktionen mit Isolierschicht, Glasschiebeelemente | Rutschfest: Tartanboden im Innenraum, gefräste Holzbretter mit Gummirillen auf Balkonen | Niveauausgleich (wegen Position am Hang): 3,5 m | Platz: für ca. 250 Personen (in der Kitzbühel-Ausführung)

Fotos: WWP, Kitzbüheler Ski Club, Red Bull Content Pool/Philip Platzer, WWP/Studio Fasching/Stefan Zauner